Der Thann‘sche Hof in Rohrbach: So geht Denkmalschutz heute

Aus Hofgut wird Wohnkomplex für Jung und Alt

Heidelberg – eine Stadt mit mehr als 3500 geschützten Einzeldenkmälern. Davon werden ca. 2900 als schützenswerte Gebäude oder Sachgesamtheiten, wie Plätze, Straßen und Gebäudegruppen angesehen. Wie werden diese Gebäude erhalten und gleichzeitig ihre historische Substanz bewahrt? Der Bauherr muss die Chance haben, im denkmalgeschütztem Gebäude Neues zu schaffen ohne die zu schützenden Gebäudeteile in ihrer Einmaligkeit zu zerstören. Ein gutes Beispiel für die erfolgreiche Sanierung und den Umbau eines denkmalgeschützten Gebäudes ist der Thann‘sche Hof in Rohrbach, eine ehemalige Gutsanlage mit Herrenhaus und Ökonomiebauten.

Menschen halten ein Plakat in den Händen
Miteigentümer und Architekt Thomas Kochhan erklärt Erstem Bürgermeister Jürgen Odszuck die aufwendigen Planungen und detailreichen Umbauarbeiten auf dem Grundstück (v.l.n.r.: Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck, Amtsleiter für Baurecht und Denkmalschutz der Stadt Heidelberg Jörg Hornung, Mitarbeiter des zuständigen Architektenbüros Conrad Wuhrer, Thomas Apfel, Denkmalschutzexperte der Stadt Heidelberg und Thomas Kochhan, Architekt und Bauherr) (Foto: Philipp Rothe)

Auch erster Bürgermeister Jürgen Odszuck plädiert für die denkmalgerechte Sanierung, „Heidelberg ist weltweit für seine Bau- und Kulturdenkmäler bekannt. Unsere Aufgabe als Stadt ist es, dieses kulturelle Erbe zu schützen. Gleichzeitig ist Heidelberg eine Stadt mit enormen Wachstum. So sind wir auch für Veränderungen und Modernisierungen offen - solange die historische Substanz der Denkmäler bewahrt bleibt. Hier ist der perfekte Mix aus erfolgreichem Umbau mit neuen und alten wiederverwendeten Materialien gelungen.“

Sanierung der einzelnen Gebäude

Die Pläne des Heidelberger Architektenbüros Kochhan und Weckbach sehen vor, einen Wohnkomplex des Hofguts aus dem Jahr 1700 in dem historischen Kulturdenkmal mit modernen Designelementen umzusetzen. Die Bauverantwortlichen beabsichtigen in ihren Planungen, den aus Herrenhaus und Ökonomiebauten bestehenden Hof in ein Areal für Mieterinnen und Mieter aller Altersklassen umzuwandeln. Was früher einmal Schweine- und Hühnerställe waren, wurde zu Mehrfamilienhäusern umgewandelt. Die ehemalige Scheune soll künftig einen Kombinationsbau aus Wohn- und Parkhaus beinhalten. Die Anlieger können den Hof zukünftig über die Heidelberger Straße erreichen und so direkt zum kleinen Parkhaus gelangen. Für die Autos gibt es in der Parkgarage sechs E-Ladeplätze.
Die Remise westlich des Herrenhauses wird in ein Doppelhaus umgebaut. Das ursprüngliche Stallungsgebäude sowie das Herz des Gutshofes, das Herrenhaus, sind mittlerweile schon fast vollständig an Familien verkauft oder vermietet. Das Anwesen grenzt sich durch einen massiven Torbogen und eine Fußgängerpforte von der Junkergasse ab. Der schmale Zugang und der damit einhergehende idyllische mit dem steinern gepflasterten Weg wird nicht verändert, so wird das alte massive Holztor beibehalten und lediglich ausgebessert.

Vom Schweinestall zum Wohnhaus

Beim Objekt Thann‘scher Hof war es eine große Herausforderung, einerseits so weit als möglich die Struktur des Anwesens beizubehalten und andererseits den Eigentümern eine vernünftige Nutzung zu ermöglichen. Der obere Raum der meisten Ställe und des bestehenden Gebäudes wurde früher als Lagerraum für Tierfutter, Heu oder landwirtschaftliche Geräte genutzt. Beim Umbau wurde dieser Platz zu eigenständigem Wohnraum mit bis zu drei zusätzlichen Zimmern. Besonders gut lässt sich dies bei der Scheune erkennen, die nicht nur im Erdgeschoss Platz für die vorgeschriebenen Autostellplätze bietet, sondern im Obergeschoss auch zwei zusätzliche Wohnungen hat. Bei allen Wohnungen wurde auf ausreichend Freiraum und Privatsphäre geachtet, so hat jede Wohnung entweder eine kleine Terrasse vor oder hinter dem Haus sowie einen kleinen Balkon.

Wiederverwertung alter Rohstoffe – Nachhaltigkeit im Fokus

Bei der Sanierung des Thann‘schen Hofs lag ein Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Die alten Gebäude wurden größtenteils rückgebaut, was den optimalen Einsatz von Bauprodukten und -materialien berücksichtigte. Es wurden so viele Baustoffe wie möglich an anderer Stelle wiederverwendet. So wurde zum Beispiel gut erhaltenes altes Holz aus den verschiedenen Räumen aufbereitet und an den unterschiedlichsten Orten des Grundstücks wiedereingesetzt, zum Beispiel als Stützbalken, Türeinfriedung oder Wandverschlag. Genauso verfuhr man mit anderen Rohstoffen wie Mauersteinen, Bodenplatten oder Ziegeln. So wurden der Hof und dessen Materialien als Rohstofflager genutzt.

Ein Haus bei einer Renovierung
Blick auf die ehemaligen Ökonomiebauten und das Herrenhaus, die mittels Rückbau mit originalgetreuen Materialien modern umgestaltet wurden. (Foto: Philipp Rothe)

Was ist besonders am Thann‘schen Hof?

Der Gutshof wurde im Jahr 1478 erstmals namentlich erwähnt. Der in seiner heutigen Anordnung bestehende Hof wurde 1700 unter Eberhard Friedrich von Venningen umgebaut und erhielt seine typische Dreiseithofaufteilung. Auch die Größe und Anzahl der Gebäude ist nicht vergleichbar mit den typischen regionalen Bauernhöfen, sondern lässt auf eine ehemals feudale Anlage schließen. Im 18. Jahrhundert befand sich das Anwesen im Besitz der namensgebenden Familie von und zu der Tann. Den hohen Denkmalwert des Thann'schen Hofes begründet der vergleichsweise unverändert bewahrte Zustand. Besonders das aus barocken Formen errichtete Herrenhaus ist aus wissenschaftlichen und künstlerischen Gründen erhaltenswert und steht unter Denkmalschutz. So zeichnet das weitläufige Treppenhaus mit barockem Geländer und der dazugehörende Dachstuhl aus massivem Eichenholz mit mehreren Gesindekammern, auf eine adlige Historie hin. Der kulturgeschichtliche Zeugniswert lässt sich auch durch die große Menge angesammeltes bzw. eingelagertes Inventar an landwirtschaftlichem Gerät, und Mobiliar feststellen, das mittlerweile dem Heimatmuseum Rohrbach gespendet wurde.

Hintergrund: Wann greift der Denkmalschutz?

Der sogenannte Denkmalwert bestimmt, ob es sich um ein denkmalwürdiges Objekt handelt oder nicht. Ein Objekt muss auf seinen historischen örtlichen und zeitlichen Kontext hin befragt werden. Vermittelt ein Objekt anschaulich eine wichtige Information, zum Beispiel zu historischen Bauformen, Handwerkstechniken, Nutzung oder Lebensweisen der Vergangenheit, so spricht man vom Zeugniswert des Denkmals, der umso höher ist, je mehr von der originalen Substanz erhalten ist. Ist der Zeugniswert bestimmt, so liegt in der Regel auch ein Interesse an der Erhaltung und Nutzung des Gegenstandes aus wissenschaftlichen Gründen vor. Gebäude haben dann einen schützenswerten Denkmalwert, wenn an ihrer Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht; ein Gebäude kann auch aus einer Kombination mehrerer Gründe als Kulturdenkmal eingestuft werden.

Ergänzend: Unter https://www.heidelberg.de/hd/HD/Leben/Denkmalschutz.html wird ein Einstieg in das Thema Denkmalschutz geboten.

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